Ich freue mich sehr, Sie heute hier in Berlin begrüßen zu dürfen – unsere Begegnungen sind schon zu einer schönen Tradition geworden, die mir sehr am Herzen liegt. Seien Sie alle ganz herzlich willkommen hier in Schloss Bellevue! Ich freue mich wie jedes Jahr auf das Gespräch mit Ihnen. Wer in den letzten Jahren dabei war, der weiß, dass das ein sehr offenes Gespräch ist, ein sehr vertrauensvoller Austausch, den wir untereinander pflegen. Ich bin mir sicher, das werden wir auch in diesem Jahr hier in Berlin haben. Und ich erinnere mich an offene Gespräche, die wir bei unseren Begegnungen in Afrika gehabt haben. Wie schön, dass Sie heute hier sind!
Seit unserem letzten Zusammentreffen hier in dieser Runde haben mich auch wieder Reisen nach Afrika geführt, nach Südafrika, Botswana und zuletzt nach Äthiopien. Jede dieser Reisen war reich an intensiven Eindrücken und Begegnungen, und ich konnte auch dieses Mal erleben, wie groß der Wille zum Aufbruch, wie groß die Bereitschaft zu Reformen ist. Und ich denke auch immer gern an meine Reise nach Ghana, lieber Präsident Akufo-Addo, und freue mich, dass auch Sie heute wieder hier sind! Ich verspreche Ihnen, es werden weitere Reisen im nächsten Jahr nach Afrika kommen.
Ich bin überzeugt: Wir, Afrika und Europa, brauchen einander, um gemeinsam die Zukunft auf unserem Planeten Erde zu gestalten. Viele Herausforderungen, vor denen wir in Europa und Sie in Afrika stehen, machen nicht an Landesgrenzen halt und auch nicht zwischen unseren beiden Kontinenten. Ich denke natürlich an Klimawandel, ich denke an Migration, aber ich denke auch an ein Thema, das in der vergangenen Woche auf einer großen Konferenz in Nairobi die entscheidende Rolle gespielt hat, an das Wachsen der Weltbevölkerung. Eine Konferenz, an der viele Länder teilgenommen haben, ihre Sorgen geteilt haben, aber auch Erfahrungen über politische Maßnahmen ausgetauscht haben. Wir, Afrika und Europa, können diese Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen. Zum Glück haben das mittlerweile auch in Europa die meisten verstanden, und ich hoffe, dass wir ein Forum wie Compact with Africa nutzen können, damit der Einsicht auch ein gemeinsames und strategisches Handeln folgt.
Ein Thema, das uns Europäer – auch uns Deutsche – gerade besonders beschäftigt, sind die Folgen des Klimawandels. Die Klimaziele einzuhalten, denen sich die Völkergemeinschaft verpflichtet hat, ist auch eine Herausforderung für die Industriestaaten. Erst recht ist es eine Herausforderung für ärmere Länder, obwohl ihr Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen ungleich geringer ist und sie noch mit ganz anderen schwerwiegenden Problemen zu kämpfen haben.
Die Folgen des Klimawandels treffen uns alle. Aber in besonders dramatischer Weise treffen sie viele afrikanische Staaten. Die Erwärmung der Ozeane, das Artensterben, die steigenden Temperaturen, die Ausbreitung der Wüsten – schon jetzt kämpfen die Menschen in vielen Ihrer Länder mit immer stärkeren Dürren, Missernten oder verheerenden Überschwemmungen.
Viele afrikanische Staaten haben bereits die Initiative ergriffen und regionale, länderübergreifende Maßnahmen eingeleitet, von der Aufforstung bis zum Ausbau erneuerbarer Energien, und ich bin dankbar dafür. Aber das kann uns Europäer nicht der Verantwortung entbinden, gemeinsam mit Ihnen zu handeln. Gerade weil wir Verantwortung tragen, bin ich gespannt auf dieses Gespräch heute, bin ich neugierig, wie Sie dem Thema Klimawandel in Ihren Ländern begegnen und welche neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Europa, aber auch mit Deutschland Sie sehen.
Ich möchte Ihnen zum Abschluss gern von einer Begegnung hier in Berlin erzählen, die mich ebenfalls inspiriert hat und die mir Hoffnung macht. Vor einigen Monaten hatte ich eine Gruppe junger Menschen zu Gast, afrikanische Nachwuchsführungskräfte, die im Rahmen des Programms Afrika kommt
ein Jahr lang in Deutschland gelebt und in ganz unterschiedlichen, meist größeren Unternehmen gearbeitet haben. Ich war beeindruckt von ihrem Engagement und ihrer Leidenschaft. Diese jungen Leute sind jetzt zurückgegangen in ihre Heimatländer, weil sie dort anpacken und Verantwortung übernehmen wollen.
Ich erwähne das deshalb, weil auch dieses kleine Beispiel dazu beiträgt, dass sich in Deutschland und in ganz Europa der Blick auf Afrika endlich verändert. Wenn wir genauer hinschauen – und das tun zum Glück in Deutschland immer mehr –, dann können wir viel von Afrika lernen. Zum Beispiel, dass in einigen Ihrer Länder Plastiktüten bereits strikt verboten sind und dass es sehr kreative Ideen gibt, um Plastik wiederzuverwenden: Aus Plastikflaschen entstehen Häuser, aus zerkleinertem Müll werden Pflaster- und Ziegelsteine. Dazu gibt es IT-Anwendungen und IT-Zahlungswege, wie wir sie in Europa noch gar nicht kennen.
Auch von unserem heutigen Gespräch verspreche ich mir neue Anregungen. Ich bin neugierig auf Ihre Vorstellungen, auf Ihre Erfahrungen, auch bei schwierigen Themen wie dem Bevölkerungswachstum oder gewaltsamen Konflikten. Das alles gehört zu einem vertrauensvollen Austausch dazu. Ich bin neugierig, was Sie von der neuen afrikanischen Freihandelszone erwarten, deren Zentrale in Ghana sein wird. Ich habe mich bei meinem letzten Besuch in Addis Abeba von der Afrikanischen Union schon sehr intensiv informieren lassen über die Freihandelszone. Trotzdem interessiert es uns sehr, welche wirtschaftlichen Investitionen und Impulse Sie sich erhoffen. Und welche politischen Hoffnungen verbinden sich mit dieser Freihandelszone, die mehr Mitgliedstaaten umfassen soll als alle anderen Freihandelszonen weltweit? Was bedeutet sie für uns in Europa?
Kurzum: Ich bin neugierig, wie Sie die Zukunft sehen, die Zukunft Ihres Kontinents und die Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa. Ihnen allen noch einmal ein herzliches Willkommen! Ich will gerne das Glas erheben auf Ihre persönliche Gesundheit und auf das Wohlergehen der Völker, wie sie hier rund um den Tisch vertreten sind.
Herzlichen Dank!